"In guten Händen?" Clearing und Diagnostik in den Hilfen zur Erziehung

Aktuelle Beiträge zur Kinder- und Jugendhilfe
Band: 
87
Jahr: 
2013
Seiten: 
170
ISBN: 
978-3-931418-94-6
Inhalt: 

Diagnostik ist keine Sekundenaufnahme.

So lautete ein Fazit dieser Tagung, die in Kooperation mit dem AFET Bundesverband für Erziehungshilfe e.V. veranstaltet wurde. Anliegen war es, Wege aufzuzeigen, wie Hilfebedarfe genauer erkundet und geplant werden können. Hierzu wurden Forschungs- und Praxiserfahrungen zu Clearing und Diagnostik in den Hilfen zur Erziehung vorgestellt und diskutiert.

Die Fragen aller Fragen waren ...
Was sind die „sozialarbeiterischen Regeln der Kunst“? Und was ist diagnostische Kompetenz in der Kinder- und Jugendhilfe?

Für Prof. Dr. Silke Gahleitner von der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin ist eine Regel bei der sozialen Diagnostik, Komplexität abzubilden und Strukturierung zu ermöglichen. „Adäquates Verstehen“ erfordert dreifaches Professionswissen aus einer operationalisierbaren Diagnostik (Instrumenteneinsatz), einer biografischen Diagnostik (rekonstruktives Fallverstehen) und einer Sozial- und Lebenswelt-Diagnostik (Passung). Dabei muss der ASD den Diagnoseprozess fachlich „überblicken“. Er ist die Schlüsselstelle und hat daher das Recht und die Pflicht, den Diagnoseprozess fachkundig zu steuern.

Wer diagnostiziert? Umsetzung intern oder extern?

Es gibt kein „Entweder - Oder“: Interne und externe Diagnostik schließen sich gegenseitig nicht aus – so Johannes Schmitt-Althaus vom Jugendamt Stuttgart und Sybill Radig vom Amt für Jugend, Familie und Bildung der Stadt Leipzig. Diagnostik sei Teil des Eingangs- und Fallmanagements im ASD. Sie erfolge im Rahmen der HzE „dialogisch“. Das Zusammenwirken des ASD mit den anderen beteiligten Fachdiensten und Fachprofessionen sowie den Betroffenen gewähre den „ergebnisoffenen, multiprofessionellen Rundumblick“. In diesem Kontext sei „externe“ Diagnostik als Serviceleistung für den ASD zu verstehen. Der Nutzen externer Diagnostik bestehe vor allem darin, dass Externe sich voll und ganz auf die Diagnostik mit dem Klienten, deren Familie und Dritten widmen können. So lassen sich auch eher jene Hilfen entwickeln, zu denen die Betroffenen Anschluss finden.

In der Praxis gelebt - aus der Praxis erzählt:
Viele Wege führen nach Rom?

In der Praxis erprobte (teil)stationäre und ambulante Diagnostikmodelle von Jugendämtern und Einrichtungen der freien Jugendhilfe wurden auf der Tagung vorgestellt und im Hinblick auf folgende Fragen diskutiert:

  • Was sind die Anforderungen und Rollen der Professionellen auf Seiten der öffentlichen und freien Träger im Diagnostikprozess?
  • Welche Leistung soll im ASD und welche beim Träger der freien Jugendhilfe unter welchen Voraussetzungen und wie lange mit welcher konkreten Zielsetzung erbracht werden?
  • Wie lauten die Kriterien für eine Herausgabe des Clearings an einen freien Träger?
  • Welche Verfahren/Methoden sind anzuwenden?

Diagnostik ist steuerungsrelevant

Eine fachlich umfassende und gut begründete Diagnose ebnet entscheidend den Weg für eine erfolgreiche Hilfe. Aber, um mit den Worten von Frau Schäfer vom Jugendamt Stuttgart zu schließen:
Der Erfolg hängt auch von der professionellen Neugier der Fachkräfte und vom koproduktiven Prozess des Fallverstehens ab – mit dem Ziel, Motivation zu erzeugen und Hoffnung zu wecken bei den Familien, die die Unterstützung und Begleitung durch die Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe eine Zeitlang brauchen.

Aus dem Inhalt

  • Eröffnung der Tagung:
    BRUNO PFEIFLE, Jugendamt Stuttgart
    RAINER KRÖGER, AFET Bundesverband für Erziehungshilfe e.V., Hannover
  •  
  • Steuerungsverantwortung des Jugendamtes bei den Hilfen zur Erziehung - Welche Rolle haben Diagnostik und Clearing? Erkenntnisse der integrierten Berichterstattung in Niedersachsen in Bezug auf die erzieherischen Hilfen
    Dr. FRANK LAMMERDING, Stadtjugendamt Oldenburg
  •  
  • Was sind die „sozialarbeiterischen Regeln der Kunst“? Was ist diagnostische Kompetenz in der Kinder- und Jugendhilfe? Und wie viel diagnostische Kompetenz braucht der ASD?
    Prof. Dr. SILKE BRIGITTA GAHLEITNER, Alice-Salomon-Hochschule Berlin/Donau-Universität Krems
  •  
  • Wer diagnostiziert? Umsetzung intern oder extern? „Interne“ Diagnose vom ASD im Jugendamt oder „externe“ Diagnose?
    • Ein Plädoyer für „interne“ Diagnostik (stationär und/oder ambulant)
      JOHANNES SCHMITT-ALTHAUS, Jugendamt Stuttgart
    • Ein Plädoyer für „externe“ Diagnostik (stationär und/oder ambulant) - Chancen und Risiken externer Diagnostik
      SYBILL RADIG, Amt für Jugend, Familie und Bildung Leipzig
  •  
  • Damit ein Fall „in guten Händen“ bleibt. Gestaltung von Übergängen im Hilfeprozess. Wie vorhandene Hilfestrukturen vor, während und nach der Diagnose sinnvoll verknüpft werden können und sollen
    Prof. Dr. WERNER FREIGANG, Hochschule Neubrandenburg
  •  
  • Was motiviert Menschen, ihr Verhalten zu ändern?
    Prof. Dr. JÜRGEN KÖRNER, International Psychoanalytic University, Berlin
  •  
  • In der Praxis gelebt - aus der Praxis erzählt: Übergangsgestaltung im Tandem aus öffentlicher und freier Jugendhilfe
    • Tandem 1: Jugendamt Darmstadt & Projekt PETRA
      KLAUS FISCHER, Jugendamt Darmstadt,
      CLAUDIA DRÖGE, Projekt PETRA, Darmstadt
    • Tandem 2: Jugendamt Marburg & St. Elisabeth Verein e.V.
      CHRISTIAN MEINEKE, Jugendamt Marburg
      KARL KLEFENZ, St. Elisabeth Verein e.V., Marburg
  •  
  • Clearing und Diagnostik in den Hilfen zur Erziehung oder „Viele Wege führen nach Rom“? – Arbeitsgruppen
    • AG 1 - Clearing/Diagnostik: stationär/extern. Ein stationäres Diagnostikangebot außerhalb des Jugendamtes
      SIGRID BÖHM, Evangelische Jugendhilfe Rendsburg
    • AG 2 - Clearing/Diagnostik: stationär/extern. Ein stationäres Diagnostikangebot für (Klein-)Kinder außerhalb des Jugendamtes
      CORNELIE BAUER, KiD (Kind in Diagnostik) Hannover
    • AG 3 - Clearing/Diagnostik: ambulant, extern. Ein ambulantes Diagnostikangebot außerhalb des Jugendamtes
      MAJA BLECHSCHMIDT, Jugendamt Ilm-Kreis, und
      UTA HEYER, Trägerwerk Soziale Dienste in Thüringen, Arnstadt
    • AG 4 - Clearing/Diagnostik: ambulant, extern. Angebot der Flexiblen Familienhilfen Ibbenbüren der Evangelischen Jugendhilfe Münsterland
      RAINER VRIESEN, Evangelische Jugendhilfe Münsterland, Emsdetten
    • AG 5 - Clearing/Diagnostik: stationär/ambulant, intern. Interne Diagnostik im Jugendamt bei stationären und ambulanten Hilfen - Wege zu Fallverständnis und passgenauen Hilfen in den Beratungszentren
      SABINA SCHAEFER, Beratungszentrum Stuttgart-Mitte
    • AG 6 - Clearing/Diagnostik: ambulant, intern. Ein internes Diagnostikverfahren eines Jugendamtes bei ambulanten Hilfen
      JUDITH PFENNIG und KATALIN GOLLOVITZER, Jugendamt Pankow, Berlin
    • AG 7 - Clearing/Diagnostik: teilstationär, extern. Ein teilstationäres Angebot für Mütter und Väter mit Kleinstkindern außerhalb des Jugendamtes
      KATRIN WISCHNEWSKI-BLUHM und ANNETT MASKOW, Stützrad e.V., Berlin
  •  
  • Literaturhinweise
Sie erhalten den Titel im Buchhandel oder beim Deutschen Institut für Urbanistik - Vertrieb.