Kinder- und Jugendhilfe (nicht) nur für Deutsche?! Interkulturelle Arbeit im Sozialraumrüher Hilfen in Deutschland

Aktuelle Beiträge zur Kinder- und Jugendhilfe
Band: 
71
Jahr: 
2009
Seiten: 
163
ISBN: 
978-3-931418-78-6
Inhalt: 

"Kinder und Jugendliche aus Migrationsfamilien sind in den Hilfen zur Erziehung in unterschiedlicher Weise repräsentiert: Sie nehmen vor allem Erziehungsberatung deutlich zu wenig wahr, während die Zahl von Inobhutnahmen, d.h. der Maßnahmen, die ohne Einverständnis der Eltern der betroffenen Kinder und Jugendlichen durchgeführt werden, immer noch überrepräsentativ hoch ist, auch wenn sie sich erfreulicherweise sichtbar reduziert hat.

Die Zahlen geben Anlass zu der Vermutung, dass die insgesamt unzureichende Inanspruchnahme von Hilfen zur Erziehung durch Migrationsfamilien sich langsam relativiert, es bleibt jedoch der Eindruck bestehen, dass es noch nicht gelungen ist, sie ihrem Bevölkerungsanteil entsprechend in die Versorgung mit einzubeziehen, geschweige denn der Vermutung gerecht zu werden, dass sie auf Grund ihrer besonderen Situation und vermehrten Risikofaktoren möglicherweise einen erhöhten Bedarf an Hilfen zur Erziehung haben müssten.

Das bedeutet, die Jugendhilfe ist noch nicht hinreichend in der Lage, der besonderen Bedarfslage der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund gerecht zu werden, ihnen die richtigen Maßnahmen zur richtigen Zeit zukommen zu lassen. Oder sie schafft es nicht, Eltern von der Notwendigkeit einer angemessenen Hilfe zur Erziehung so zu überzeugen, dass diese einen Antrag auf eine Hilfe stellen, d.h. die Maßnahme freiwillig in Anspruch nehmen. Insgesamt haben vor allem die niedrigschwelligen Hilfen nach wie vor einen erheblichen Nachholbedarf, was die Erreichbarkeit von Familien mit Migrationshintergrund angeht."

(Aus dem Beitrag von Paul Friese, Internationales Familienzentrum e.V., Frankfurt am Main - S. 88 f.)

Ziel der Tagung war eine Verständigung darüber, was gute (interkulturelle) Sozialarbeit ist, welche Handlungsfelder in diesem Kontext wichtig sind, "illustriert" durch die Vorstellung von Beispielen guter interkultureller kommunaler Praxis. Folgende Fragen standen dabei im Mittelpunkt der Diskussion:

  • Ist gute soziale Arbeit = Interkulturelle Arbeit?
  • Was bedeutet das für den Umgang mit Migranten als Kunden/Nutzer der Kinder- und Jugendhilfe?
  • Wie können Mitarbeiter/innen für interkulturelle Arbeit qualifiziert werden? Welches Handwerkszeug, welche Handlungskompetenzen sind notwendig?
  • Wie wichtig ist es, sozialräumliche Ansätze mit einzubeziehen? Wie können soziale Räume für interkulturelle Arbeit qualifiziert werden?
  • Wo sind die Bedarfe in der Praxis, vor allem bei den "Hilfen zur Erziehung"? Wie kann eine interkulturelle Öffnung der Hilfen zur Erziehung erfolgreich angegangen werden?
  • Was war der Hintergrund für die Entstehung von Migrantenselbsthilfeorganisationen? Was qualifiziert sie?
  • Wie vereinbaren sich diese mit Konzepten der Jugendhilfeplanung der örtlichen Jugendämter? Wie ist das Verhältnis zu freien Trägern auf dem Jugendhilfe-"Markt"?
  • Wie kann die deutsche Jugendhilfe für Migrantenselbsthilfeorganisationen geöffnet werden? Was lernt das System Kinder- und Jugendhilfe von Menschen mit Migrationshintergrund?

Aus dem Inhalt

  • Eröffnung
    UNIV.-PROF. DR.-ING. KLAUS J. BECKMANN, Deutsches Institut für Urbanistik, Berlin
     
  • Welche Herausforderungen stellen Familien mit Migrationshintergrund an die Jugendhilfe und wie geht sie damit um?
    STEFAN BESTMANN, SB Praxisberatung und -forschung, Berlin
     
  • Statements zum Streitgespräch: Ist gute soziale Arbeit = Interkulturelle Arbeit?
    DR. HUBERTUS SCHRÖER, Institut - Interkulturelle Qualitätsentwicklung, München;
    KAZIM ERDOGAN, Psychosozialer Dienst Berlin-Neukölln;
    JOCHEN WEBER, Referat Bildung, Sozialplanung und Integration, Stadt Osnabrück
     
  • Braucht die deutsche Kinder- und Jugendhilfe Organisationen mit Migrationshintergrund?
    GÜLSEREN ÇELEBI, IFAK e.V., Bochum
    MANFRED PREUß, Berufsbildungszentrum in Castrop-Rauxel, Jugendhilfeausschuss Bochum
     
  • Arbeitsgruppen: Wie qualifiziere ich soziale Räume für interkulturelle Arbeit?
    • Zum Beispiel in München: Interkulturelle Qualitätsentwicklung im Sozialraum
      DR. SABINE HANDSCHUCK, Institut - Interkulturelle Qualitätsentwicklung, München
    • Zum Beispiel in Düsseldorf: Wie Stadtteilarbeit (auch) funktionieren kann…
      HEINZ WIEDENROTH, AGB - Aktion Gemeinwesen und Beratung, Düsseldorf
    • Zum Beispiel in Mönchengladbach: Elemente kommunaler Integrationsarbeit
      KLAUS SCHMITZ, Dezernat Bildung, Kultur und Sport der Stadt Mönchengladbach
    • Zum Beispiel in Köln: Coach e.V. - Eine Bildungs- und Beratungsstelle für Jugendliche mit Migrationshintergrund und deren Eltern
      MUSTAFA BAYRAM, Kölner Initiative Coach e.V.
       
  • Arbeitsgruppen: Wie lassen sich die Hilfen zur Erziehung für junge Menschen mit Migrationshintergrund und ihre Familien öffnen?
    • Institutionelle Voraussetzungen für die Arbeit mit Migrationsfamilien, interkulturelle Kompetenz der Fachkräfte und Hilfeplanung
      PAUL FRIESE, Internationales Familienzentrum e.V., Frankfurt am Main
    • Gewaltfreie Erziehung: Beratungsarbeit mit türkisch- und arabischstämmigen Vätern in Berlin-Neukölln
      KAZIM ERDOGAN, Psychosozialer Dienst Berlin-Neukölln
    • Der Prozess der interkulturellen Öffnung der Sozialen Dienste bei der AWO Nürnberg
      ANITA WOJCIECHOWSKI, AWO Nürnberg
    • Interkulturelle Erziehungsberatung in Leipzig
      KATRIN TUTAR, Caktus e.V., Leipzig
       
  • Arbeitsgruppen: Passendes "Handwerkszeug" für gute interkulturelle soziale Arbeit
    • Interkulturelle Kompetenzentwicklung für Verwaltungen. Aus der Praxis interkultureller Trainings
      KIRSTEN BEN HADDOU, Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum e.V.
    • Präsentation eines interdisziplinären Beratungsmodells in der interkulturellen Arbeit und eine Falldarstellung
      PROF. DR. CENGIZ DENIZ, Evangelische Fachhochschule Berlin
    • Konfliktbearbeitung in interkulturellen Kontexten in Jugendhilfe und Schule
      SABINE BEHN, Camino - Werkstatt für Fortbildung, Praxisbegleitung und Forschung im sozialen Bereich gGmbH, Berlin
       
  • Abschlussgespräch: Kinder- und Jugendhilfe (nicht) nur für Deutsche?! Interkulturelle Arbeit im Sozialraum
    PROF. DR. CENGIZ DENIZ, Evangelische Fachhochschule Berlin;
    DR. HEIKE FÖRSTER, Jugendamt Leipzig;
    DR. HUBERTUS SCHRÖER, Institut - Interkulturelle Qualitätsentwicklung, München
     
  • Literaturhinweise